GOETHE:PROJEKT:FAUST
Kleine Entstehungsgeschichte

"Es käme jetzt nur auf einen ruhigen Monat an, so sollte das Werk zu männiglicher Verwunderung und Entsetzen, wie eine große Schwammfamilie, aus der Erde wachsen."

Goethe an Schiller, am 1. Juli 1797


Anfangen wo es anfängt. Es muss 1994 gewesen sein, als uns zum ersten Mal die Idee einer Faust-Aufführung in den Kopf gekommen war. Doch weiter verfolgt hatten wir sie nie. Bis zum Jahre 1996: Nach den Gastspielen mit WEDEKINDs Frühlings Erwachen in Santiago de Chile und Viña del Mar im März 1996 wurde der Wunsch nach einem Faust-Projekt wieder eigentümlich wach.

Trotz der kaum vorhersehbaren Herausforderungen solch eines Projekts reifte der Entschluss schnell: Am Ende des Jahres 1996 sollte es einen th2-Faust geben! Und dann begannen auch schon die Proben, ohne fertige Textvorlage, mit nur weinigen Konzepten im Kopf, aber mit dem sicheren Gefühl, alles geben zu wollen.

Im Winter-Juli 1996 zog ich mich für eine Woche in ein kleines Haus bei La Paloma an der uruguayischen Atlantikküste zurück, um neue Konzepte für unser - so hieß es jetzt - Goethe:Projekt:Faust zu entwickeln. In völliger Einsamkeit und zwischen leise knisterndem Kaminholz und laut brüllendem Meer gelangen mir wenigstens das Konzept für die Bühne und der Entwurf des Schlussbildes. Die geplante vollständige Textfassung mit mehr als 60% Kürzungen der Originalvorlage konnte ich nicht fertigstellen.

Vier Tage lang hatte sich dann Mitte Oktober 1996 ganz th2 auf eine Estancia zurückgezogen und an seiner neuen Produktion Goethe : Projekt : Faust gearbeitet, deren Premiere inzwischen für den 5. Dezember 1996 geplant war. Trotz vieler Fortschritte fassten wir nach diesem "langen Wochenende" doch einen zwar ungewöhnlichen, gleichwohl aber hoffentlich glücklichen Entschluss: Premiere und Aufführungen von Goethe : Projekt : Faust werden auf das Jahr 1997 verschoben!

Sie und euch, unsere lieben Zuschauerinnen und Zuschauer, baten wir schon damals um Verständnis für diese Entscheidung. Wir konnten und können unser Goethe:Projekt:Faust nur in einer Form präsentieren, von der wir selbst überzeugt sind. Aber das wäre aufgrund vieler - auch technischer - Probleme, die wir so nicht vorhersehen konnten, bis zum Ende des Jahres 1996 kaum mehr möglich gewesen.

th2 nahm seine Arbeit nach den großen Sommerferien wieder auf. Ab Anfang März 1997 wurde intensiv geprobt, in der Zeit vom 22. bis 26. März sogar täglich. Der Fokus lag auf dem 8. Mai 1997, an diesem Tag sollte der neue Premierentermin sein.

Leider kamen wir mit unserer Arbeit nur sehr langsam voran, nicht einmal den ersten Teil - in unserem Projekt etwa die Hälfte der Produktion - konnten wir bis Ende März 1997 vollständig proben. Gründe dafür gab es viele und dass unser Mephisto-Darsteller für eine Woche erkrankte war nicht einmal der schwerwiegendste.

Völlig überraschend verließen uns in dieser schwierigen Phase drei Mitglieder: VALERIA MAINZER, "Chacho" alias EDUARDO MÁRTONY und JOËLLE STRICKLER. Und wir wussten, dass insbesondere "Chacho" als Techniker nur sehr schwer zu ersetzen sein würde.

In der Probennacht vom 26. zum 27. März 1997 machte sich die allgemeine Erschöpfung der th2-Mitglieder vollends bemerkbar. Die Probe wurde abgebrochen, ihre Wiederaufnahme und damit auch der Premierentermin auf unbestimmte Zeit verschoben.

Nach einer Woche völliger Unsicherheit begann th2, seine Kraft wiederzugewinnen. Der Sonntag wurde als Probentag dazugenommen und die technische Verantwortung wurde FABIAN VON THÜNGEN übertragen. Schließlich wurde ein neuer und endgültiger Premierentermin festgesetzt: der 2. September 1997, Vorabend des 140. Geburtstags der Deutschen Schule Montevideo.

Und das ist der aktuelle Stand bis heute: Der erste Teil ist vollständig angeprobt, vom zweiten Teil sind es die ersten beiden Akte. Die Bühnentechnik ist weiter vorangekommen. Es sieht gut aus für den 2.September, aber der schwierigste Teil liegt noch vor uns!

Coco.


© 4.5.1997 theater2teatro